Sanierung (StaRUG)

StaRUG - Das neue Sanierungsgesetz wird eine neue Sanierungskultur einleiten

Auf Grundlage der EU-Richtline (2019/1023) vom 20. Juni 2019 erschafft der Gesetzgeber eine neue Sanierungskultur.

Wer in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu geraten droht, soll nicht allein sein Heil in der Insolvenz (Schutzschirm, Eigenverwaltung, Insolvenzplan etc.) suchen müssen.

Seit über 20 Jahren war ich der Überzeugung, dass mehr als 50 % der Insolvenzen vermeidbar wären, wenn den betroffenen Unternehmen (bzw. Unternehmern) die Sanierungshilfen, die die Insolvenzordnung bietet, auch außerhalb der Insolvenz einsetzen könnten.

Genau diesen Grundgedanken setzt das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG), das zum 01. Januar 2021 in Kraft tritt, um.

Nach diesem neuen Sanierungsgesetz wird nichts mehr so sein, wie es bisher war. Ein Unternehmen kann nunmehr die Sanierungshilfen oder -instrumente, die eigentlich nur im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gelten, auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens einsetzen. Nach der Terminologie des StaRUG heißt das spezielle außerinsolvenzrechtliche Sanierungsverfahren nunmehr Restrukturierungsverfahren.

Meines Erachtens ein echter Meilenstein. Und dies ist auch einfach erklärt:

Sanierungen (außerhalb der Insolvenz) sind schwierig, zeitaufwendig und teuer. Dies liegt daran, dass das Unternehmen mit vielen Gläubigern, die alle unterschiedliche Interessen haben, eine einvernehmliche Einigung finden muss. Bestehende Vertragsverhältnisse (z.B. langfristige Mietverhältnisse, ungünstige Verträge) können gegen den Willen des Vertragspartners nicht gekündigt oder neugestaltet werden. Eine zwangsweise Durchsetzung der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen gegen den Willen der Gläubiger ist nicht möglich.

Deshalb scheitern viele außergerichtliche Sanierungsbemühungen früher oder später, mit der Folge der Insolvenz.

Das StaRUG schafft nunmehr Abhilfe!

Gestaltbare Rechtsverhältnisse

Das Unternehmen (bzw. der Unternehmer) kann jetzt im Rahmen seines Restrukturierungsplanes (sprich eines Sanierungskonzeptes) bestehende Rechtsverhältnisse neu- bzw. umgestalten oder aufheben und kündigen. Betrachten wir uns einmal, was im Einzelnen gestaltbar ist:

  • Restrukturierungsforderungen (dies sind alle Forderungen, die im Falle einer Insolvenz Insolvenzforderungen - § 38 InsO - wären; also vereinfacht ausgedrückt, fast alle Forderungen) können gestaltet werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG). So kann z.B. bestimmt werden, dass die Gläubiger einen Forderungsverzicht hinzunehmen haben.
  • Absonderungsrechte – analog § 49 InsO – können umgestaltet werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG). So kann z.B. bestimmt werden, dass der Vermieter sein Vermieterpfandrecht nicht verwerten kann, da die dem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände für den Betrieb notwendig sind.
  • Vertragliche Nebenbestimmungen, die den Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsrechten zugrunde liegen, sind gestaltbar (§ 4 Abs. 2 StaRUG). Eine solche Gestaltung kommt dann zum Tragen, wenn z.B. vertraglich festgeschriebene Fälligkeiten angepasst werden sollen.
  • Anteils- und Mitgliedschaftsrechte können geändert werden (§ 4 Abs. 3 StaRUG). So kann z.B. bei einer Gesellschaft ein oder alle Gesellschafter „ausgetauscht“ werden. Denken wir hierbei an den - leider häufig vorkommenden – Fall, dass ein Minderheitsgesellschafter die Sanierung blockiert.
  • Drittsicherheiten, die von einer Tochtergesellschaft gestellt werden, unterliegen der Gestaltungsfreiheit (§ 4 Abs. 4 StaRUG). Damit soll verhindert werden, dass durch die Verwertung der Sicherheiten der Tochtergesellschaft deren Insolvenz herbeigeführt wird.
  • Gegenseitige - nicht beidseitig vollständig erfüllte - Verträge können beendet werden (§ 51 Abs. 1 StaRUG). Diese Regelung entspricht dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO. Damit besteht die Möglichkeit, sich von ungünstigen Verträgen zu lösen.
  • Die vorfristige Kündigung von Vertragsverhältnissen (§ 51 Abs. 1 StaRUG). So können z.B. langfristige Miet-, Pacht- oder Leasingverträge - ohne Wahrung der vertraglichen Kündigungsfristen - vorzeitig beendet werden.

Wie die Aufzählung zeigt, können fast sämtliche Vertragsverhältnisse um- bzw. neugestaltet, gekündigt oder für beendet erklärt werden. Damit hat das Unternehmen mächtige Gestaltungsmöglichkeiten, um die Sanierung zu betreiben.

Ausgeklammert von den Gestaltungsmöglichkeiten sind Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, aus einer unerlaubten Handlung (z.B. einer Straftat) und solche Forderungen, die im Falle einer Insolvenz nachrangig i.S. des § 39 Abs. 1 InsO wären (§ 6 StaRUG).

Und was nicht zu vergessen ist: Die oben erwähnten Gestaltungsmöglichkeiten beziehen sich nur auf den unternehmerischen Bereich (§ 6 Satz 2 StaRUG). Damit wird klargestellt – was eigentlich selbsterklärend ist - dass bei natürlichen Personen (z.B. der Selbständige) nur die unternehmerische Seite gestaltbar ist; eine Entschuldung von Privatverbindlichkeiten (die keinen betrieblichen Bezug haben) ist nach dem StaRUG nicht möglich.

Instrumente der Stabilisierung

Damit nach der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens die Sanierung nicht gefährdet wird, können auf Antrag des Unternehmens

  • Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen das Unternehmen untersagt oder einstweilig eingestellt werden (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) und
  • den ab- und aussonderungsberechtigen Gläubigern die Verwertung ihrer Sicherheiten untersagt werden (§ 56 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG).

Abstimmung in Gruppen

Die Gestaltungsmöglichkeiten können auch gegen den erklärten Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden.  Der Restrukturierungsplan muss von den Gläubigern beschlossen werden. Hierbei stimmen die Gläubiger in Gläubigergruppen ab, deren Anzahl und Zusammensetzung vom Unternehmen bestimmt wird. Widerspricht die Minderheit der Gläubigergruppen (z.B. von 5 Gläubigergruppen stimmen 3 für den Plan und 2 dagegen), gilt deren Ablehnung als Zustimmung, sofern sie nicht schlechter gestellt werden als ohne den Sanierungsplan.

Das Restrukturierungsverfahren kann privatautonom umgesetzt werden; eine negative Publizität ist – anders als im Insolvenzverfahren – nicht gegeben.

Damit bietet das Restrukturierungsverfahren alles, um zum Bestseller zu werden. Jedes Unternehmen (bzw. Unternehmer) ist deshalb gut beraten, sich mit diesem Sanierungsverfahren zu beschäftigen, damit es weiß, was es im Falle eines Falles zu tun hat.

Die Anforderungen, die das StaRUG an die für das Restrukturierungsverfahren erforderlichen Unterlagen setzt, sind hoch. Zugang zu diesem Restrukturierungsverfahren sollen nur die Unternehmen (bzw. Unternehmer) haben, die bereits ihre Hausaufgaben gemacht haben.